Mega Man auf dem Nintendo Entertainment System

Er ist klein, blau und cool. Nein, die Rede ist nicht von Sonic, sondern von Capcoms heutzutage zu Unrecht verschmähtem Maskottchen: Mega Man!

Die Entstehung

Capcom ist in den 80ern vor allem für eins bekannt, münzschluckende Arcade-Automaten. Doch Nintendo belebt den Videospielmarkt mit seinem Famicom/NES im Alleingang, und beweist damit, dass das Interesse an Spielsystemen für zu Hause auch nach dem großen Videospielecrash gegeben ist. Durch die clevere Entscheidung, das Famicom im Westen nicht direkt als Konsole, sondern als Unterhaltungssystem mit viel Peripherie zu vermarkten, wird das als „Nintendo Entertainment System“ betitelte Famicom auch in den USA ein riesiger Erfolg. Viele Firmen möchten etwas vom großen Kuchen ab haben, auch Capcom. So soll nach zahlreichen Arcade-Umsetzungen wie 1942 oder Ghost´n Goblins, speziell für das NES entwickelte Software viel Geld in die Kassen des Publishers spülen.

Das japanische Packungsdesign des ersten Teils ist wesentlich ansehnlicher, wie das amerikanische Cover!

Der junge Designer Keiji Inafune bekommt Mitte der achtziger Jahre, unter den Vorgaben von Director  Akira Kitamura, den Auftrag, das Design für die Charaktere des neuen Spiels Rockman zu erarbeiten. Bei Fans als „Inafking“ bekannt, entwirft er nicht nur Rockman und seine Gegner, auch die Spielanleitung, sowie die grafische Darstellung der einzelnen Figuren im Spiel selbst fallen in seinen Aufgabenbereich. Beim erstellen der einzelnen Sprites muss sich Inafune mit der Farbpalette des NES arrangieren. 54 Farben stehen ihm zur Auswahl, hauptsächlich Blautöne. Die Entscheidung steht fest. Da Rockman möglichst detailliert aussehen soll, bekommt der neue Videospielheld eben diese Blautöne auf den Leib geschneidert. Der „blaue Bomber“ ist geboren! Das auf „Stein, Schere und Papier“ basierende Spielprinzip kommt in Japan gut an, Rockman erzielt vernünftige Verkaufszahlen.

Ob das hässliche Artdesign Schuld an den schleppenden Verkäufen in den USA hatte?

In den USA wird das Spiel unter dem Namen Mega Man veröffentlicht, da den Verantwortlichen die Musikreferenzen  im Spiel, Rockmans Schwester heißt Roll, wohl egal waren, und man den ursprünglichen Namen als grauenvoll für den Release im Westen erachtete.Der große Erfolg in Nordamerika bleibt allerdings aus. Ob es am frischen Konzept, zu wenig Werbung, oder am äußerst hässlichen Coverdesign lag, lässt sich nur mutmaßen. Doch man gibt nicht auf, Mega Man soll ein Erfolg werden, und so gibt Capcom grünes Licht für einen zweiten Teil. Aber nur wenn dieser in der Freizeit der Entwickler entsteht, da parallel dazu an anderen Projekten gearbeitet werden muss. Mega Man 2 kommt 1988 auf den Markt, und wird für Capcom weltweit ein riesiger Erfolg. Das rundum verbesserte Sequel gilt unter vielen Fans auch heute noch als bester Teil der Serie. Der Grundstein für viele Fortsetzungen und Ableger ist gelegt.

Die Story

Im Jahr 200x erschafft der Wissenschaftler Doktor Light zwei menschliche Roboter, Mega Man und seine Schwester Roll. Als dies gelingt, kreiert er mit seinem Kollegen Doktor Wily noch sechs weitere Roboter, die den Menschen schwere Arbeiten abnehmen sollen. In einem Anfall von Größenwahn ändert Wily die Programmierung der sechs Roboter, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Daraufhin arbeitet Dr. Light Mega Man zu einem Kampfroboter um, da er die einzige Chance ist, die Welt vor Wily´s Machenschaften zu bewahren. Mega Man besiegt daraufhin Wily und seine verschiedenen Master-Roboter mehrfach. Dieser kann jedoch letztendlich immer fliehen, um neue finstere Pläne zu ersinnen. Schlussendlich gelingt es Mega Man im letzten NES Spiel, Dr. Wily hinter Gitter zu bringen, und den Frieden auf der Welt wieder herzustellen. Zumindest für kurze Zeit…

Die wichtigsten Charaktere

 Der Held der Videospielreihe, Mega Man.

Der Erbauer von Mega Man, Dr. Thomas Light.

Der Haushaltsroboter Roll.

Mega Man´s Bruder Protoman.

Der ewige Bösewicht, Doktor Wily.

Mega Mans treuer Begleiter, Roboterhund Rush.

Das Gameplay

Mega Man ist ein Jump´n Shoot. Man bewegt sich also springend und schießend durch die ersten einzeln anwählbaren Level, und überwindet somit Fallen und Gegner, um letztendlich zu den einzelnen Bossen vorzudringen. Und hier kommt das eigentliche Alleinstellungsmerkmal der Mega Man Reihe zum Tragen. Jeder besiegte Bossgegner hinterlässt euch seine Waffe. Und genau diese Waffe ist bei einem der anderen Bosse extrem nützlich. Zwar können alle Gegner auch mit Mega Man´s Armkanone bezwungen werden, jedoch steigt dann der Schwierigkeitsgrad erheblich an. Aber auch in den Stages sind euch die Extrawaffen dienlich. Schwer zu treffende und stark gepanzerte Gegner, Minibosse oder Projektile die euch in Sprungpassagen das Leben schwer machen, für fast alle Situationen gibt es die richtige Bewaffnung. Habt ihr die ersten Boss Gegner bezwungen, und damit auch alle gegnerischen Waffen errungen, dürft ihr in das Versteck des vermeintlichen Oberbösewichts vordringen. Sollte euch bei eurem Kampf gegen Wily´s Schergen dennoch einmal die Energie ausgehen, könnt ihr sie in späteren Teilen mit Energie-Tanks per Knopfdruck wieder auffüllen. Trotz aller Hilfen, die euch die Programmierer an die Hand geben, ist die Mega Man Serie aber vor allem für eins berühmt, ihren beinharten Schwierigkeitsgrad. Ohne präzises Timing seit ihr verloren, daran ändert auch die perfekte Steuerung nichts. Der fantastische Soundtrack der meisten Mega Man Teile motiviert stehts zum weiterspielen der bunten und kniffligen Stages!

Mega Man

Der schwerste der klassischen NES Teile, da zusätzliche Hilfen wie E-Tanks noch fehlen. Auch ist das Gameplay noch etwas steif, und viele unfaire Stellen im Spiel sorgen für Frust. Die ersten Stages sind frei anwählbar, ein bis heute beibehaltenes Novum. Das Punktesystem gibt es nur hier, und wird in späteren Spielen abgeschafft. Dennoch ein Klassiker, der in keiner ernst gemeinten 8-Bit Nintendo Sammlung fehlen darf!

Mega Man 2

Das Rockman-Team verbesserte alle Aspekte des Vorgängers, und fügt neue Spielelemente, wie die drei Zusatzitems und Energietanks ein. Nicht verwirklichte Ideen aus Teil eins finden hier Verwendung, und die Anzahl an Gegnern und Fallen wurde erhöht. Die Bonuswaffen sind abwechslungsreicher gestaltet, und sinnvoller zu gebrauchen. Grafisch haben die Entwickler das NES besser unter Kontrolle, und der Sound ist bis heute unvergessen. Mega Man 2 besitzt einen der besten 8-Bit Soundtracks aller Zeiten!

Mega Man 3

Der dritte Teil bietet zwei grundlegende Neuerungen, die das Gameplay maßgeblich beeinflussen. Durch den Slide fühlt sich Mega Man beweglicher an, und Roboterhund Rush ersetzt die drei Hilfsitems aus Teil 2. Mit ihm kann man höher springen, schwimmen und fliegen. Mega Man 3 bietet mehr Spielzeit als seine Vorgänger, bestimmte Stages werden in Variation recycelt, und mit neuen Bossen ausgestattet, die die Endgegner aus Teil 2 wiederspiegeln. Erst nach insgesamt 16 Robotmeistern dürft ihr in das Schloss von Dr. Wily eindringen. Mega Man´s Bruder Proto Man hat in Teil drei seinen ersten Auftritt.

Mega Man 4

Eine bis heute umstrittene Änderung hält im Mega Man Universum Einzug. Der zu starke aufladbare Schuss zerstört für viele Fans das Balancing des Spiels. Für andere ist er eine willkommene taktische Abwechslung. Teil 4 ist insgesamt leichter als seine Vorgänger. Ermüdungserscheinungen schleichen sich langsam in die Serie. Trotzdem macht Teil 4 viel Spaß, und gibt sich vor allem technisch keine Blöse. So farbenfroh und schön war noch kein Mega Man anzusehen.

Mega Man 5

Die Spieldesigner möchten mehr Abwechslung im Spiel. Eine Shootersequenz in einem Boot ergänzt das Grundprinzip. Unvergessen ist auch Gravity Man´s Stage, in der man an der Decke laufen kann. Grafisch können die Entwickler sogar noch etwas zulegen, Stages werden wie in Super Mario World auf dem SNES eingeblendet, und selbst Parallax-Scrolling wird dem alten NES entlockt. Vogel Beat unterstützt euch indem er Gegner angreift, nachdem ihr alle vier Buchstaben seines Namens in den Stages gefunden habt. Die Stage-Bosse selbst sind unspektakulär.

Mega Man 6

Das NES ist zum Release des sechsten Teils schon tot und begraben. Das tut dem Spiel nicht gut. In einigen Stages gibt es zwei Bosse, von denen nur einer das Item für euren fliegenden Helfer Beat hinterlässt. Besiegt ihr den falschen dürft ihr die Stage nochmal spielen, oder ihr kommt ohne die Luftunterstützung aus. Endgegner und Leveldesign fallen im Vergleich zu den Vorgängern etwas ab. Dafür fusioniert Mega Man jetzt mit seinem Roboterhund. Der Rush Jet Adapter wurde sinnvoll ins Gameplay integriert, der Power Adapter hingegen kaum. Technisch ist Mega Man 6 der letzte beeindruckende Titel auf dem NES. Ein gutes Jump´n Shoot, aber nur ein mittelmäßiges Mega Man, dass in Europa nicht mehr veröffentlicht wurde.

Schlußgedanke

Die klassische Mega Man Serie ist untrennbar mit dem NES verbunden. Nach Teil 7 und 8 besann man sich bei Capcom, und kam zu den Wurzeln der Reihe zurück. Denn Teil 9 und 10 entstanden wieder nach der Vorlage der ersten Spiele auf Nintendos altehrwürdiger 8-Bit Konsole. Und obwohl sich beide Spiele gut verkauften, wurde die IP Mega Man danach fallen gelassen. Das weit fortgeschrittene Mega Man Universe wurde gecancelt, und Keiji Inafune verließ Capcom. Seitdem entwickelt er sein Kickstarter Projekt und den geistigen Nachfolger zu Mega Man, Mighty No. 9. Unverständnis herrscht seitdem unter den Fans. Wo würden wir hinkommen wenn Sega den Igel ignoriert, oder Nintendo den pummeligen Klempner. Einige fänden es sogar gut, wenn Capcom die Rechte an der Marke verkaufen würde, in der Hoffnung den kleinen blauen Bomber wieder zu sehen. Auch ich kann nicht verstehen, warum Capcom eine so große Marke wie Mega Man nutzlos verstauben lässt. Dennoch stirbt die Hoffnung zuletzt. Durch ein hoffentlich erfolgreiches Mighty No.9 könnten sich die Herren in Osaka vielleicht dazu bewegen lassen, einer alten Marke ein neues Spiel zu schenken…